Holocaust und autoritärer Charakter: Amerikanische Studien by Martina Parge

By Martina Parge

Amerikanische Sozial- und Verhaltenswissenschaftler stellten in den dreißiger und vierziger Jahren einen Zusammenhang zwischen autoritären Charaktereigenschaften der Deutschen und dem Nationalsozialismus her. Martina Parge untersucht, inwieweit diese Studien heute noch einen Beitrag zur Beantwortung der Frage leisten, wie und warum der Holocaust möglich wurde. In Auseinandersetzung mit der Debatte um Goldhagens Buch "Hitler’s keen Executioners" formuliert die Autorin vier Kriterien, die Studien über den Nationalsozialismus aus soziologischer Sicht erfüllen müssen. Durch diese angeleitet werden die theoretischen Argumente der amerikanischen Studien der vierziger Jahre rekonstruiert, überprüft und mit Ergebnissen der damaligen empirischen Sozialforschung über "die" Deutschen konfrontiert. Die Autorin zeigt, daß die Theorie des autoritären Charakters auch heute noch einen wichtigen Beitrag für das Verständnis des Holocaust liefern kann.

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Amerikanische Sozial- und Verhaltenswissenschaftler stellten in den dreißiger und vierziger Jahren einen Zusammenhang zwischen autoritären Charaktereigenschaften der Deutschen und dem Nationalsozialismus her. Martina Parge untersucht, inwieweit diese Studien heute noch einen Beitrag zur Beantwortung der Frage leisten, wie und warum der Holocaust möglich wurde. In Auseinandersetzung mit der Debatte um Goldhagens Buch "Hitler’s keen Executioners" formuliert die Autorin vier Kriterien, die Studien über den Nationalsozialismus aus soziologischer Sicht erfüllen müssen. Durch diese angeleitet werden die theoretischen Argumente der amerikanischen Studien der vierziger Jahre rekonstruiert, überprüft und mit Ergebnissen der damaligen empirischen Sozialforschung über "die" Deutschen konfrontiert. Die Autorin zeigt, daß die Theorie des autoritären Charakters auch heute noch einen wichtigen Beitrag für das Verständnis des Holocaust liefern kann.

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146 12 vgl. , S. ,,14 Für eine SchlüsselsteIle des Textes in bezug auf den in der vorliegenden Arbeit verfolgten Zusammenhang halte ich nun Fromms Feststellung, daß durch den Akt der Projektion des Über-Ichs auf die Autoritäten diese Autoritäten weitgehend der rationalen Kritik entzogen werden: "Es wird an ihre Moral, Weisheit, Stärke in einem von ihrer realen Erscheinung bis zu einem hohen Grade unabhängigen Maße geglaubt. ,,15 Für Fromm wird erst so die häufig beobachtete kritiklose Haltung gegenüber in der Gesellschaft herrschenden Autoritäten erklärbar.

Das Problem der Soziologen dagegen sei davon unterschieden: "They concern the balance of motivational forces involved in the maintenance of, and alteration in, the structure of a social system"l2. Es ist an diesem Punkt der Arbeit bereits möglich zu vermuten, daß die hier zu behandelnden Faschismusstudien quer zu der von Parsons postulierten Arbeitsteilung liegen. Doch dies muß hier zunächst im einzelnen nicht weiter interessieren. Ins Spiel gebracht habe ich Parsons, weil er auf eine für den in dieser Arbeit verfolgten Zusammenhang äußerst wichtige Frage aufmerksam macht: auf die Frage nach der Vermittlung von Tatbeständen der Persönlichkeitsstruktur und Tatbeständen auf der Ebene des sozialen Systems.

Die Beziehung zur Situation ist nicht bloß eine der Abhängigkeit. " 2 In diesem Kontext wird der Aktor als eine Entität definiert, die sich gleichzeitig an normativen Mustern und an einer Situation orientiert. 2 Zweites Kriterium: Nationalsozialismus als soziale Pathologie Wie ich oben in meiner Kritik an Goldhagen herausgearbeitet habe, kann eine Theorie, die den Holocaust (genauer: die Motivation, Menschengruppen mit bestimmten Eigenschaften zu vernichten) nicht auch als eine gesellschaftliche Pathologie begreifen will und kann, nicht als befriedigende Problemlösung bezeichnet werden.

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