By Leo Kißler
Einführung in die Rechtssoziologie? Warenbezeichnungen pflegen in der Regel mehr zu versprechen, als sie halten (können). Gilt dies auch für den Titel dieses Buches? Ich denke nein, allerdings mit zwei Einschränkungen. Zum einen gil- wie für die Soziologie im allgemeinen, so auch für die Rechtssozio logie im besonderen -, daß sie zerfällt in unterschiedliche Ansätze, Paradigmen, Theorien und Methoden, die ihrerseits Ausfluß unter schiedlicher Vorstellungen über Forschungsgegenstand und -interesse sind. In die Rechtssoziologie einführen zu wollen, kann demnach zweierlei heißen: einmal, sich auf die Darstellung einer Rechtssozio logie zu beschränken und damit implizit den als richtig erkannten rechtssoziologischen Ansatz zu der Rechtssoziologie aufzuwerten, oder aber die Tatsache, daß es unterschiedliche Soziologien des Rechts gibt, selbst zum Gegenstand der Darstellung zu machen. Dann führt allerdings kein Weg an grundlegenderen methodologi schen und methodischen tlberlegungen vorbei. Eine solchermaßen reflexive Einführung beabsichtigt das vorliegende Studienbuch. Zum anderen handelt es sich bei der Rechtssoziologie, gleich wel cher wissenschaftstheoretischen Couleur, auf den ersten Blick um einen bunten Warenkorb. Im Unterschied zur Jurisprudenz sind rechtssoziologische Erkenntnisse und Forschungsergebnisse kaum kanonisiert. Es gibt demnach keinen verbindlichen rechtssoziologi schen "Stoff', den sich anzueignen hat, wer erfolgreich Rechtssozio logie studieren will. Ja, es wird zu Recht gefragt, ob diese überhaupt "lehrfähig" sei. Mit jedem Versuch, in die Rechtssoziologie einzu führen, geht deshalb eine vorab getroffene Entscheidung über die als correct erachteten Inhalte und Themen einher.
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Systemtheorie, insbesondere diejenige Spielart, die Niklas Luhmann entwickelt hat, ist sehr abstrakt, labyrinthisch verfasst und so geartet, dass Leser/innen u. a. eine umfassende (leider nicht nur soziologische) Vorbildung haben müssen, um sie zu verstehen. Der Autor versucht, in diese 'widerborstige' Theorie einzuführen, ohne ihr Niveau fahrlässig zu unterschreiten.
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29ff. (hier S. ). 19 Vgl. hierzu insbes. -D. Opp, 1973. 20 So die weiter oben bereits zitierte Arbeit von K. A. Ziegert, 1975. 21 Vgl. hierzu inbes. M. Rehbinder, 1977, S. , der sich ausdrücklich auf Durkheim beruft (S. 100). 22 Vgl. zu diesem komplizierten Verhältnis von Theorie und Praxis die folgenden "klassischen" Schriften: K. Marx, Thesen über Feuerbach (2. These). In: MEW 3, 1969, S. 5-7 (S. 5); J. Habermas 1969, S. 289, 299. 23 Empfohlene Literatur dazu: J. Habermas, Die Moderne - ein unvollendetes Projekt.
Ryffel1974, S. 184). Die Methodik der empirisch-analytischen Soziologie wurde im wesentlichen oben (vgl. 2) skizziert. Ihr geht es um das Sammeln und Interpretieren von Fakten, die Deskription von Tatbeständen und ihre Erklärung anhand von Hypothesen, die Falsifikationstests unterworfen werden. Dabei wird die Frage nach dem Fundament der Erkenntnis gelöst durch Konvention. Objektiv ist, was intersubjektiv, d. h. in der Gemeinschaft der Forscher, anerkannt ist. Der empirisch-analytische Ansatz in der Soziologie hat in der Rechtssoziologie Tradition und sich in der modernen Rechtssoziologie durchgesetzt.
Zum anderen verschließt sich das Denken in Widersprüchen seiner glatten Einpassung in politisch-praktische Konzepte von kurzer Reichweite. Es läßt sich schwerlich instrumentalisieren. Dies ist in einer Zeit, wo eher instrumentaler Rat denn grundsätzliche Kritik gefordert wird, der praktischen Verwertbarkeit von Ergebnissen dieser Rechtssoziologie abträglich. 2 6 Demgegenüber muß jedoch mit Ryffel festgehalten werden, daß allein dieser Ansatz der Rechtssoziologie - insbesondere dann, wenn er die verstehende Soziologie integriert- dem Phänomen des Rechts angemessen ist.